Im vorangegangenen Beitrag, in dem ich Leigh Bardugos Grishaverse vorstellte, war auf einem Bild neben Das Lied der Krähen bereits ein Büchlein aus der Reihe zu sehen, die ich heute vorstellen möchte.
Schreibt einen Wunsch auf einen Zettel, höhlt einen Kürbis aus, entzündet eine Kerze darin und verbrennt euren Wunsch. Wenn ihr dies in der Nacht zu Halloween tut, öffnet sich vielleicht ein Weg in die Herbstlande.
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Die Herbstlande, das sind die Länder September, Oktober und November, das Goldland, das Rotland und das Grauland, jedes mit seinen eigenen Gegebenheiten, Wundern und Schrecknissen. Es ist möglich, vom September in den Oktober und vom Oktober in den November zu reisen, doch führt der Weg stets nur vorwärts, niemals zurück. Alle Länder zu bereisen ist nur wenigen Wesen vergönnt. Das Entzünden der Kürbisflamme ist nur einer von vielen Wegen, die dorthin führen. Und bei weitem nicht alle unterliegen derart strengen Regeln.
Was geschieht, wenn man einen Wunsch zur falschen Zeit im Kürbis verbrennt, erlebt die Protagonistin des ersten Herbstlande-Romans am eigenen Leib. In einem Antiquariat findet Scarlett Hayden ein Büchlein, in dem sie eine Geschichte findet, die sie aus ihrer Kindheit kennt. Von einer Kürbisflamme erzählt sie und einem Reich der Wünsche, in dem einst die Königin der Wünsche lebte. Für Scarlett ist sie ein letzter Strohhalm, nach dem sie verzweifelt greift. Denn ihr Lebensgefährte Nathan wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind mit ihr und sie fürchtet, dass er sie verlassen wird, wenn es nicht bald klappt. Diese Befürchtung veranlasst sie denn auch, nicht bis Halloween zu warten, sondern den Wunsch bereits Ende August zu verbrennen. Kurz darauf haben sie und Nathan einen schweren Autounfall. Nathan liegt im Koma und Scarlett erfährt vom Geist des Kürbisses, in dem sie ihren Wunsch verbrannte, dass Nathan nun ein Gefangener der Kürbiskönigin sei und Scarlett in die Herbstlande reisen müsse, um ihn zu befreien. Indem sie den Kürbis endgültig verbrennt, öffnet sie ein Tor in den September und mit dem Betreten des Goldlandes beginnt eine Reise, in deren Verlauf Scarlett feststellt, dass es nicht allein Nathan ist, den sie verloren hat.
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2016 erschien der erste Roman, dessen Welt von Fabienne Siegmund erdacht und von ihr gemeinsam mit Stephanie Kempin, Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser mit Leben angereichert wurde. Die Geschichte ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil, verfasst von Fabienne Siegmund, beginnt in unserer Welt, führt uns dann in den September und endet, als Scarlett den Oktober betritt. Was sie dort erlebt und wie sie in den November gelangt, erzählt Stephanie Kempin weiter. Vom Ende der Reise im düstergrauen November berichten uns schließlich Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser. Einzelne Stationen wurden von Jana Damaris Rech in Aquarellen festgehalten, ebenso das Titelbild. Die Illustrationen sind von einer Mischung aus Schwermut und Leichtigkeit gekennzeichnet. Passend zur Zeit des fallenden Laubs und der leuchtenden Farben.

Auf den Roman folgte rasch eine Art Reisejournal mit den wichtigsten Stationen, eine Anthologie mit Kurzgeschichten u.a. von Markus Heitkamp, Anja Bagus, Isa Theobald, Diana Menschig, Lena Falkenhagen und Christian Handel. Jede einzelne lotet weitere bisher unerzählte Geschichten aus den Herbstlanden aus, ergründet weitere Wege, dorthin zu gelangen, mutmaßt gar darüber, wie der Herbst entstand. Und aus diesen Geschichten entstanden wiederum weitere, aus denen bislang ein weiterer Roman sowie fünf Novellen hervorgingen. Einen Großteil der Illustrationen stammt weiterhin von Jana Damaris Rech, andere sind von Veronika Schnattinger, Fräulein Kirsten, Katrin Minert und Nina Schellenbach illustriert.
Fabienne Siegmund / Stephanie Kempin / Vanessa Kaiser / Thomas Lohwasser, Herbstlande (Verlag Thorsten Low 2016) 357 Seiten. ISBN 978-3-940036-40-7.
Fabienne Siegmund / Stephanie Kempin / Vanessa Kaiser / Thomas Lohwasser, Herbstlande. Ein Reisejournal (Verlag Thorsten Low 2016) 53 Seiten. ISBN 978-3-940036-41-4.
Fabienne Siegmund / Stephanie Kempin / Vanessa Kaiser / Thomas Lohwasser (Hrsg.), Geschichten aus den Herbstlanden (Verlag Thorsten Low 2018) 400 Seiten. ISBN 978-3-940036-48-3.
Fabienne Siegmund / Stephanie Kempin / Vanessa Kaiser / Thomas Lohwasser, Herbstlande – Verklingende Farben (Verlag Torsten Low 2019) 430 Seiten. ISBN 978-3-96629-005-0.
Anja Bagus, Das Nebelreich. Eine Herbstlande-Novelle (Verlag Thorsten Low 2019) 118 Seiten. ISBN 978-3-96629003-6.
Alessandra Reß, Die Sommerlande (Verlag Thorsten Low 2019) 172 Seiten. ISBN 978-3-96629004-3.
Markus Heitkamp, Die Reisen des jungen Haselhorn. Eine Herbstlande-Novelle (Verlag Thorsten Low 2020) 118 Seiten. ISBN 978-3-96629-011-1.
Fabienne Siegmund, Herbstfeuer. Eine Herbstlande-Novelle (Verlag Torsten Low 2020) 37 Seiten. ISBN 978-3-96629-009-8.
Diana Menschig, Jaspers Reise zur Erkenntnis. Eine Herbstlande-Novelle (Verlag Thorsten Low 2021) 72 Seiten. ISBN 978-3-96629-012-8.

Lasst euch nicht von der Deko und dem Plätzchenduft ablenken, der euch in die Nase steigt.
Gekrümelt wird erst morgen.
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Außerdem darf ich nicht vergessen, das Regelwerk für das Herbstlande-Rollenspiel zu erwähnen. Den Charakterbogen kann man sich auf der Verlagsseite herunterladen: https://www.verlag-torsten-low.com/de/Alle-Buecher–unsortiert-/die-herbstlande-rollenspiel-grundregelwerk.html
Phillip Lohmann, Die Herbstlande. Rollenspiel (Grundregelwerk) (Verlag Torsten Low 2019) 56 Seiten. ISBN 978-3-96629-200-9.
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Und damit kommen wir zum Verlag, in dem die Reihe erschienen ist. Denn Geschichten brauchen Verlage, die an sie glauben. Ein solcher ist der Verlag Torsten Low, der 2005 von den Eheleuten Low im bayerischen Meitingen gegründet wurde. Hauptsächlich wird hier Phantastik verlegt, vor allem solche der etwas düsteren Art. Von Horror über Urban und Dark Fantasy sowie Science Fiction und Steampunk ist alles vertreten. Vereinzelt verirren sich auch humorige Werke, Thriller und schmutzige Hörbücher mit und ohne phantastische Elemente ins Verlagsprogramm. Weiß auch nicht, woher die kommen.
Dabei ist dem Verleger sehr an Ausgewogenheit gelegen; bei Torsten Low haben noch unbekannte Schreibende die gleichen Chancen wie bereits etablierte.
Der Verlag war schon mehrmals, in den Kategorien „Beste Anthologie“ und Beste Kurzgeschichte“, für den Deutschen Phantastik Preis sowie den Vincent Preis nominiert.
Letzteren hat der Verlag 2016 in der Kategorie „Bester Roman“ mit Frischfleisch von Vincent Voss und 2017 in der Kategorie „Beste Anthologie“ mit 12 Monate Angst von Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser gewonnen, den Deutschen Phantastik Preis 2011 sowohl in der Kategorie „Beste Anthologie“ mit Geschichten unter dem Weltenbaum von Lothar Mischke als auch in der Kategorie „Beste Kurzgeschichte“ mit Das Herz des Jägers, Vanessa Kaisers und Thomas Lohwassers Beitrag aus Geschichten unter dem Weltenbaum. 2015 ging Der letzte Gast von Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser aus der Anthologie Dunkle Stunden sowie 2016 Das öde Land von Oliver Plaschka aus der Anthologie Das öde Land und andere Geschichten vom Ende der Welt mit dem DPP nach Hause. 2017 wurde dem Verlag darüber hinaus der BuCon-Ehrenpreis verliehen und 2018 der Vincent-Sonderpreis.
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https://www.facebook.com/DieHerbstlande/
https://www.verlag-torsten-low.com/de/
https://www.verlag-torsten-low.com/de/Romane-SF-Horror-Fantasy/Fantasy/herbstlande/
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