Romane

Bücherhamstern #16

Heute gehört die Bühne Carmilla DeWinter, meiner hochgeschätzten Schreibkollegin und Mitherausgeberin unseres gemeinsamen Buchbabys Beweisstück A, und ihrem 2018 bei Edition Roter Drache veröffentlichten Roman Jinntöchter[1].

Carmilla DeWinter, Baujahr 1981, Gründungsmitglied von AktivistA und Mitglied bei den 2014 gegründeten Goldstadt-Autoren, tummelte sich lange Zeit in der Fanfictionszene, ehe sie 2013 erste Essays und schließlich 2014 den ersten Roman veröffentlichte. Bisher sind acht Romane erschienen, davon drei im Eigenverlag (Albensilber, Albenzauber und Die A-Karte). Außerdem ist Carmilla seit 2015 mit zahlreichen Kurzgeschichten in ebenso zahlreichen Anthologien vertreten. 2016 hat sie mit dem Arbeitsbericht des Bundesamtes für magische Wesen: Migration, Heimat und Herkunft auch die erste selbst herausgegeben – weshalb sie wusste, wie viel Arbeit das bedeutet, als sie 2020 von meiner Wenigkeit gefragt wurde, ob sie Interesse an einer gemeinsam herausgegebenen Anthologie mit asexuellem Schwerpunkt hätte. Aber das ist eine andere Geschichte und die soll an einem anderen Tag erzählt werden.

Wenden wir uns nun den Jinntöchtern zu.

Ein geselliger Abend in einem Gasthaus. Eine Stimme zieht die ganze Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich und webt ihrem Publikum, nicht ohne einen Tee aufs Haus, versteht sich, einen farbenprächtigen wie bluttriefenden Erzählteppich, der es davonträgt in das Land Iradoun, südlich des Meeres gelegen und seinerseits im Süden durch die Roten Berge begrenzt, hinter denen die Wüste beginnt.

Vier Abende lang berichtet die Stimme von einer Zeit, in der es erst einige Jahrzehnte her ist, seit Iradoun von den hellhäutigen und buntäugigen Helgen überfallen und erobert wurde. Damals trug es sich zu, dass eine Karawane der Yeldun, die sich den Roten Bergen von Süden her näherte, von Helgen überfallen und Khamer, der Zwillingsbruder der Karawanenführerin Fayruza, gefangengenommen wurde. Wie es sich für einen anständigen Gefangenen gehört, ergreift Khamer bald darauf die Flucht und versteckt sich in einem Bordell.

Das ist der Moment, in dem sich sein Erzählungfaden und der der einheimischen Edelprostituierten Maya miteinander verflechten. Die für eine Dawani ungewöhnlich grünäugige Maya, die eigentlich nichts weiter will als ein Kind und unabhängig zu sein, versteckt Khamer in ihren Räumen, bis sie erfährt, dass Hauptmann Sintram, einer ihrer helgischen Kunden, die ganze Stadt nach Khamer durchsuchen lässt. Also verhilft sie ihm zur Flucht und gerät damit selbst ins Visier von Sintram. Aber auch andere haben Interesse daran, Maya in ihre Finger zu bekommen …

Auch heute noch, vier Jahre nach der Lektüre, trägt mich der Klang der Stimme gelegentlich wieder nach Iradoun und zu den Jinntöchtern. Mich fasziniert, mit welchem Geschick Carmilla DeWinter es versteht, die einzelnen Fäden des Erzählteppichs miteinander und mit der Rahmenhandlung der Reisenden aus dem Süden zu verknüpfen, die die Geschichte in einem Gasthaus zum Besten gibt. Wie schon in den Romanen aus dem Albenbrut-Universum (Albensilber, Albenbrut 1 – Ein bindender Eid, Albenbrut 2 – Gebrannte Kinder, Albenerbe, Albenzauber, Albenherz), spielt die Autorin auch in den Jinntöchtern verschiedene Gesellschaftsformen durch und stellt sie nebeneinander, zeigt ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten, ihre Stärken und Schwächen, und dadurch ihre Besonderheiten. Besonders interessant fand ich das Matriarchat der Yeldun, das den patriarchalen Gesellschaften der Dawanin und der Helgen gegenübersteht. Da die Helgen allerdings nicht um diesen Unterschied in der hierarchischen Ordnung wissen, kommt es nachvollziehbarerweise zu Missverständnissen.

Davon gibt es übrigens reichlich in Carmilla DeWinters neuester Veröffentlichung, Lokis Fesseln. Dieser in unserer Welt verortete, emotional aufwühlende, aber dennoch unterhaltsame Roadtrip mit Göttereinlage soll demnächst erscheinen, ebenfalls bei Edition Roter Drache. Ich durfte vor einer Weile testlesen und obwohl sich seither einiges verändert haben dürfte, gebe ich dennoch uneingeschränkte Kauf- und Vorbestellempfehlung.

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Carmilla DeWinter, Jinntöchter. K_ein orientalisches Märchen (Edition Roter Drache 2017) 334 Seiten. ISBN 978-3-946425-41-0.

Carmilla DeWinter, Lokis Fesseln (Edition Roter Drache 2022) 280 Seiten. ISBN 978-3-96815-034-5.

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https://carmilladewinter.com/

https://dertorheitherberge.wordpress.com/

https://www.goldstadt-autoren.de/?page_id=282

https://www.roterdrache.org/catalog/Belletristik-Roman-Satire/Jinntoechter::204.html

[1] Womit ich endlich mein Versprechen von 2018 wahrgemacht habe. Habemus Rezension, Carmilla!

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