Romane

Bücherhamstern #17

Gabrielle C. J. Couillez hat ein Faible für besondere Biographien.

Zwischen 2011 und 2014 begab sie sich zunächst beim Verlag 3.0, seit 2019 im Eigenverlag erschienenen Trilogie Die Frucht des Ölbaums ins südliche Frankreich des 13. Jahrhunderts und damit mitten in die Zeit der Katharerkreuzzüge und beleuchtete darin das Leben des Adeligen, Katharers und Kreuzritters Olivier de Termes (1200-1274).

2017 führte sie uns in ihrer jüngsten Trilogie, die 2021 mit Faszination Abessinien ihren Abschluss fand und beim Verlag Waldkirch erschien, auf den Spuren Georg Wilhelm Schimpers (1804-1878) von Mannheim über München, die italienische Provinz Campobasso bis ins von Frankreich besetzte Algier und schließlich nach Abessinien (heute Äthiopien). Auf seinen Reisen, die gelegentlich auch Fluchten sind, beobachtet Georg Wilhelm Schimper die jeweils einheimische Pflanzen- und Tierwelt, stellt botanische Proben zusammen und katalogisiert diese, ohne sich dabei der Kultur der Menschen vor Ort zu verschließen. Dabei ist er stets auf der Suche nach dem privaten Glück.

Mehr als einmal möchte man den Mannheimer Naturforscher ob der Unbill bedauern, die ihm immer wieder widerfährt, gar mit ihm über seinen Bruder oder die Geldnot verzweifeln. Dann wieder ist man versucht, ihn zu schütteln, weil er in Selbstmitleid versinkt und seine Forschungstätigkeit darüber vergisst, dass er einer Frau nachsteigt.

Wer gut recherchierte Historienromane mit nachvollziehbar gezeichneten Figuren zu schätzen weiß, ist hier genau richtig.

Nachtfalter mit Seelenfalter.

Eine gänzlich andere Biographie erwartet uns in Der Flug des Nachtfalters. Auf gerade einmal 57 Seiten lässt Gabrielle C. J. Couillez unter falschem Namen einen ehemaligen Drogendealer zu Wort kommen, der zur Zeit Pablo Emilio Escobar Gavirias (1949-1993) in Kolumbien aufwuchs. Seine Geschichte, die die Autorin aus dem Spanischen übersetzt und, wo nötig, um eigene Beschreibungen erweitert und bearbeitet hat, beginnt Ende der 1980er Jahre, also nur wenige Jahre vor dem Ende der Herrschaft von El Patrón Escobar, mit einem Jugendlichen, der mit Hilfe von Drogen vor der physischen und emotionalen Gewalt im Elternhaus, und auch später während des Studiums vor der Perspektivlosigkeit und Hoffnungslosigkeit seines Daseins flüchtet, und schon bald in den verbrecherischen Sumpf der Kartelle hineingezogen wird, bis er den Ausstieg findet. Der Flug des Nachtfalters unterscheidet sich nicht bloß in seiner Kürze von den historischen Romanen der Autorin; auch der Erzählstil ist deutlich düsterer, bildhafter und umschreibender, was daran liegt, dass sie sich teilweise nach dem Stil der Vorlage gerichtet hat. Trotz der Kürze gibt uns die Autorin genügend Hintergrundinformationen an die Hand, die uns dabei helfen, die Zeit und die Hintergründe besser zu begreifen.

Mit dem Schreiben begann Gabrielle C. J. Couillez, weil sie keine geeigneten Bücher zur Sprach- und Lernförderung für ihren behinderten Sohn fand. Ihre ersten Geschichten sind dementsprechend noch recht kurz und für Kinder gedacht. Diese trug sie regelmäßig als Märchenerzählerin in ihrem mit Teppichen und Kissen ausgekleideten Zelt auf Mittelaltermärkten vor. Und eines Tages war dann auch die Geschichte von Olivier de Termes darunter.

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Gabrielle C. J. Couillez, Die Rückkehr der Störche. Die bewegte Jugend des Georg Wilhelm Schimper (Waldkirch 2017) 347 Seiten. ISBN 978-3-86476-096-9.

Gabrielle C. J. Couillez, Abenteuer Afrika. Mit dem Zug der Störche. Die abenteuerlichen Reisen des Georg Wilhelm Schimper (Waldkirch 2019) 367 Seiten. ISBN 978-3-86476-121-8.

Gabrielle C. J. Couillez, Faszination Abessinien – Bis in die Heimat der Störche. Die afrikanischen Abenteuer des Georg Wilhelm Schimper (Waldkirch 2021) 464 Seiten. ISBN 978-3-86476-157-7.

Gabrielle C. J. Couillez, Der Flug des Nachtfalters (2021) 57 Seiten. ISBN 978-3-7543-5252-6.

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https://gabrielle-c-j-couillez.jimdofree.com/

https://www.verlag-waldkirch.de/content655_269_Couillez-Gabrielle-C.-J..html

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